Haiger schafft zusätzliche Parkflächen


Bedingt durch die Nutzung des Haigerer Paradeplatzes für eine vorübergehende Flüchtlings-Unterkunft sind in der Kernstadt zahlreiche Parkplätze weggefallen. Der Magistrat und die Verwaltung haben in den vergangenen Tagen intensiv daran gearbeitet, weitere Abstellflächen zu schaffen. Mit Erfolg: Bald werden auf dem „Haas’schen Grundstück“ (zwischen Feuerwehrhaus und TeDi-Markt), in der Oberstadt (Isabellenstraße) sowie auf dem ehemaligen Gelände der Firma „Baustoffe Engel“ (Burgstraße) und in der Kühlhausstraße weitere Parkplätze entstehen.

„Das Projekt am Paradeplatz wird zwar vom Lahn-Dill-Kreis verantwortet und betrieben. Aber auch für die Stadtverwaltung sind viele zusätzliche Arbeiten damit verbunden“, sagte Bürgermeister Mario Schramm nach einer Sitzung des Magistrates. „Die vielfältigen Aufgaben haben uns etwas überrollt“, bat der Rathaus-Chef um Verständnis auch für die hier und da kritisierte fehlende Kommunikation. „Wir hätten intensiver kommunizieren müssen.“ 

Wie Schramm erklärte, ist der Magistrat nach wie vor der Ansicht, dass die Unterbringung der Menschen auf dem Paradeplatz die beste Lösung darstellt. „Der Lahn-Dill-Kreis muss Woche für Woche mindestens 70 Schutzsuchende unterbringen. Und wenn keine spezielle Unterkunft zur Verfügung steht, dann weist der Kreis uns die Menschen einfach zu“, sagte Schramm. Die Kommune stehe dann vor der Aufgabe, sich um die Unterbringung und Betreuung der Menschen zu kümmern – zum Beispiel in Gemeinschaftshäusern oder Mehrzweckhallen.

Was das bedeute, habe die Stadt bei der Unterbringung von rund 50 Ukrainern im ehemaligen Krankenhaus gemerkt. „Da waren vier Wochen lang insgesamt rund 40 Mitarbeiter beschäftigt, es war eine riesige Anstrengung“, blickte Schramm zurück und dankte dem Team aus der Sozialverwaltung des Rathauses, aber auch den zahlreichen freiwilligen Helfern. „Bei dieser Aktion haben wir gemerkt, dass wir als Kommune die Betreuung größerer Gruppen von Schutzsuchenden nicht leisten können.“

Er könne verstehen, dass es in der Bevölkerung Bedenken gebe, erklärte Schramm. Aber er sei sicher, dass der Lahn-Dill-Kreis und das vom LDK beauftragte Deutsche Rote Kreuz gute Arbeit leisten werden. „Das DRK hat große Erfahrung in Herborn und Wetzlar gesammelt, die werden das gut managen“, ist der Rathaus-Chef überzeugt. Das Rote Kreuz kümmere sich zum Beispiel auch um die Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Ein Security-Unternehmen sorge rund um die Uhr für Sicherheit im Bereich der Unterkunft. Pro 200 Schutzsuchende werden zehn Security-Leute eingesetzt.

AMIN und Kairos arbeiten wieder mit 

Schramm ist froh, dass auch der AMIN-Kreis (Arbeitskreis Migration und Integration) und das Kairos-Projekt (Kirche mit Menschen aus allen Nationen) bereits ihre Bereitschaft erklärt haben, bei der Betreuung der Menschen mitzuhelfen. Diese beiden Organisationen seien seit 2015 am Obertor aktiv, wo zahlreiche Schutzsuchende aus vielen unterschiedlichen Nationen untergebracht seien. „Diese geflüchteten Menschen leben mitten in der Stadt, und es hat in den vergangenen Jahren so gut wie keine Probleme gegeben“, blickte Schramm zurück. Er dankte auch den zahlreichen Bürgern aus der Kernstadt und den Stadtteilen, die seit Februar über 400 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen haben. „Das ist völlig reibungslos und mit großer Solidarität gelaufen.“

Eine Alternative zu den Leichtbauhallen am Paradeplatz sei die Nutzung von Gemeinschaftshäusern oder Mehrzweckhallen, was der Magistrat aber ablehne. In den Gebäuden fehle die Infrastruktur, man müsse Duschen und Waschgelegenheiten zusätzlich schaffen, auch die Küchen seien meist nicht geeignet. „Die Infrastruktur reicht nicht“, sagte Schramm. Außerdem würden die Gebäude zum Teil intensiv von der Bevölkerung genutzt. In Allendorf diene die Mehrzweckhalle zum Beispiel aktuell als Kirche, weil das Gotteshaus der evangelischen Kirchengemeinde umgebaut werde.

Gemeinsam mit dem Lahn-Dill-Kreis, dem Roten Kreuz und den zahlreichen ehrenamtlichen Helfern ist die Stadt bemüht, für eine gute Unterbringung der Schutzsuchenden und einen möglichst reibungslosen Ablauf zu sorgen. Die Unterbringung ist bis Juni 2023 befristet.

In dieser Zeit können Verkehrsteilnehmer in der Kernstadt auf drei weitere Parkplätze zurückgreifen. In der Burgstraße (ehem. Firma Engel) entstehen große Abstellflächen, weitere Parkplätze werden auf dem „Haas’schen Grundstück“ und in der benachbarten Kühlhausstraße (am Rand des Paradeplatzes) sowie in der Oberstadt (Isabellenstraße, nähe Rodenbacher Kreuzung) geschaffen. In der Isabellenstraße werden Parkplätze eines privaten Besitzers wieder aktiviert. 

Bürger sollen auf Beschilderung achten

Bürgermeister Schramm bat die Verkehrsteilnehmer, genau auf die Beschilderung zu achten. Ziel ist es, Parkplätze für Dauerparker, aber auch für Kurzzeitparker (Einkäufer) zu schaffen. Das war ein Wunsch des Gewerbevereins. Wie Schramm abschließend mitteilte, wird während der Nutzung der Hallen am Paradeplatz auch die Straßenbeleuchtung nachts angeschaltet bleiben.


Ukrainer in der Mehrzahl

Nach aktuellem Stand wird der größte Teil der Schutzsuchenden, die am Paradeplatz untergebracht werden, aus der Ukraine stammen. Wie der Lahn-Dill-Kreis der Stadt Haiger mitgeteilt hat, hat sich die Zahl der geflüchteten Ukrainer in den letzten Tagen immens erhöht. Während im Herbst noch 15 Prozent aller Flüchtlinge aus der Ukraine stammten, sind es aktuell 40 %. Nach Neujahr könne die Zahl möglicherweise auf 70 Prozent ansteigen, erklärte der Kreis in einem Schreiben an die Kommunen. Die Zahl der aus Afrika stammenden Flüchtlinge sei zuletzt zurückgegangen. Nach Berechnungen des Kreises muss die Stadt Haiger prozentual noch mindestens 230 weitere Schutzsuchende aufnehmen. Aktuell werden in Haiger 180 Menschen in Gemeinschaftsunterkünften betreut. Die zahlreichen, in Privatfamilien in Haiger und den Stadtteilen lebenden Ukrainer sind in dieser Statistik nicht enthalten.