Momente, die man nie vergisst


Kulturamtsleiter Andreas Rompf hatte nicht zu viel versprochen. „Claudia Winter lädt ihre Zuhörer auf eine Urlaubsreise ein“, sagte er vor der Lesung der aus Limburg stammenden Autorin. Und genau so war es: Die Besucher der Haiger Stadtbücherei reisten für knapp zwei Stunden gedanklich ins toskanische Siena, erlebten eine oder gar zwei Liebesgeschichten und erfuhren ganz viel über Land und Leute und den weltberühmten „Palio“ – das Pferderennen, das im Mittelpunkt des Romans „Sterne über Siena“ steht.

Es war interessant, zu hören, wie dieses seit dem Mittelalter regelmäßig ausgetragene und nur 90 Sekunden dauernde Rennen auf der Piazza del Campo das Leben der Stadt prägt und wie die Rivalität der einzelnen „Contraden“ sich bis ins Private durchsetzt. Eine Liebesbeziehung zwischen zwei Angehörigen verfeindeter Contraden? Eher schwierig, bis unmöglich!

Mindestens ebenso interessant waren die Erklärungen von Claudia Winter, wie sie zur Schriftstellerei gekommen ist. Die Diplom-Sozialpädagogin pendelt täglich mit der Bahn nach Leverkusen. „Diese Zeit musste gefüllt werden, ich wollte nicht mein Leben verplempern - daraus entstand das erste Buch.“ Die Leiterin einer Ganztagsschule in Leverkusen ist äußerst produktiv, denn „Sterne über Siena“ ist bereits ihr elftes Buch. Das zwölfte ist in Arbeit und spielt auf Rügen. „Ich reise gerne, ich esse gerne, es muss menscheln“, beschreibt die Autorin ihr Erfolgsgeheimnis. Sie will die Leser an Urlaubsorte entführen, sie sollen mehr über Menschen und Kulturen erfahren. Deshalb spielen ihre Bücher in klassischen Urlaubsregionen wie der Bretagne, Schottland oder eben Italien. 

In der Toskana waren Claudia Winter und ihr Mann mit Vespa-Rollern unterwegs und erlebten in Siena Menschen aller Altersstufen, die singend einem Pferd folgten. „Ich hatte Gänsehaut am ganzen Körper, das war sehr emotional“, erinnert sich die Autorin: „Das sind Momente, die man nicht vergisst.“

„Beim Palio herrscht Ausnahmezustand“

Dass der „Palio“ - an dem sich die 17 Stadtteile beteiligen - eine große Bedeutung in ihrem Roman bekommen würde, war spätestens nach diesem Erlebnis klar. „Beim Palio herrscht Ausnahmezustand“, sagt die Autorin. Um das Pferderennen rankt sich alles in dem Roman, der die verfeindeten Stadtteile beschreibt und Liebesgeschichten – fast wie bei Romeo und Julia – erzählt. „Menschen lieben einander, dürfen das aber eigentlich nicht“, fasst die Limburgerin das Geschehen kurz zusammen. Im Mittelpunkt stehen die Mitglieder zweier verfeindeter Contraden, Liebesgeschichten, das Rennen und ein lange vergessen geglaubter Unfall.

Claudia Winters Roman besticht durch eine treffende Beschreibung von Menschen, Orten und geschichtlichen Zusammenhängen. Er ist mit viel Liebe zum Detail geschrieben und kann auch den begeistern, der sich eher weniger für zwischenmenschliche Verwicklungen, aber mehr für Historie und die alte toskanische Stadt interessiert.

Tatjana Müller erhält den 500. Bibliotheksausweis 

Ein besonderes Erlebnis war die gelungene Lesung für Tatjana Müller aus Fellerdilln. Sie entschied sich am Abend spontan, bei Bibliotheksleiterin Andrea Kasteleiner einen Bibliotheksausweis zu beantragen und ist seither die 500. Besitzerin eines solchen Ausweises. „Wir sind begeistert, auf einen solchen Erfolg hatten wir gehofft, als wir im Oktober die Stadtbücherei am neuen Standort geöffnet haben“, freute sich Fachdienstleiter Andreas Rompf und spendierte einen Café-Gutschein. Claudia Winter setzte noch einen drauf und versprach der Gewinnerin, dass ihr Name im neuen Rügen-Roman Erwähnung finden wird.

Wer weiß, vielleicht wird die Autorin auch diesen Roman in der Haigerer Stadtbücherei vorstellen.