Wo findet man den „Ehrenfriedhof“, was bedeutet „Ostfriedhof“ und woher stammt das große Denkmal am Ende der Donsbacher Straße? All diese Fragen wurden bei der historischen Stadtführung von Haigers Kulturamtsleiter Andreas Rompf und der Stadtarchivarin Susanne Menges beantwortet. Über 30 interessierte Teilnehmer versammelten sich auf dem Ehrenfriedhof am städtischen Friedhof in der Schillerstraße, um sich gemeinsam auf eine eindrucksvolle Reise in die Vergangenheit zu begeben.
Anlass der Führung war das 100-jährige Jubiläum der Einweihung des Kriegerdenkmals an der Donsbacher Straße („Haiger heute“ berichtete). Der stark verwitterte Stein und die unleserliche Schrift waren kürzlich restauriert worden, sodass das Denkmal wieder in neuem Glanz erstrahlt. Andreas Rompf eröffnete die Veranstaltung mit einer bewegenden Ansprache, in der er darauf hinwies, „dass hinter jedem Namen auf den Denkmalen ein Mensch steht – jemand, der sein Leben verlor, eine Familie hinterließ und um den getrauert wurde“. Wie Susanne Menges ausführte, beherbergt der Ehrenfriedhof nicht nur ein Denkmal für die Gefallenen und Vermissten des Zweiten Weltkriegs, sondern erinnert auch an die Bombenopfern von 1944/45 und die Gefallenen des deutsch-französischen Krieges von 1870/71.
Mit diesen Hintergrundinformationen im Gepäck machte sich die Gruppe auf den Weg zum Denkmal an der Donsbacher Straße, das den Toten des Ersten Weltkriegs gewidmet ist. Hier hatte Susanne Menges historische Fotografien von der Einweihung des Denkmals vor 100 Jahren vorbereitet. Damals zählte Haiger 2583 Einwohner – viele waren miteinander verwandt, und die 73 namentlich genannten Kriegsopfer hinterließen Lücken in fast jeder Familie. Entsprechend groß und bewegend war der Trauerzug zur Einweihung des Denkmals, was den Teilnehmern der Führung durch historische Bilder eindrücklich vor Augen geführt wurde. Besonders beachtenswert war die neu installierte Informationstafel am Denkmal, die vom Lions Club Haiger gestiftet wurde.
Der Club (gegründet 2016) hat es sich zur Aufgabe gemacht, durch verschiedene Aktivitäten in Haiger (Maifest, Altstadtfest) Geld für gemeinnützige Zwecke zu sammeln. Diese Mittel werden gezielt zur Unterstützung lokaler Organisationen und Projekte der Stadt - wie zum Beispiel der Renovierung des Denkmals - eingesetzt.
Zum Abschluss führte die Route die Teilnehmer zum Ostfriedhof am Ende der Bismarckstraße. Hier gedachten die Teilnehmer den zehn verstorbenen Zwangsarbeitern, Zwangsarbeiterinnen und Kindern, die während des Zweiten Weltkriegs in Haiger beerdigt wurden. Auch an diesem Ort wurde eine neue Informationstafel angebracht, die die Geschichte dieser Menschen und ihr Schicksal würdigt.
Pflege des historischen Erbes ist wichtig für das kollektive Gedächtnis der Stadt
Die Führung bot eine wertvolle Gelegenheit, Haigers Geschichte nicht nur zu erfahren, sondern sie auch zu fühlen. Dank der äußerst lebendigen und sachkundigen Erklärungen von Andreas Rompf und Susanne Menges wurde deutlich, wie wichtig die Pflege des historischen Erbes für das kollektive Gedächtnis einer Stadt ist.