Wie sah Haiger vor über 200 Jahren aus? Dank eines einzigartigen Projekts der Johann-Textor-Schule mit dem Stadtarchiv Haiger ist die Altstadt aus dem Jahr 1750 nun in Form eines dreidimensionalen Stadtmodells zu bestaunen. Detailgetreu wurde das Modell mit moderner 3D-Druck-Technologie entwickelt. Die Grundlage für die Erstellung bildeten Dokumente aus dem Stadtarchiv. „Während des Entstehungsprozesses gab es viele Herausforderungen zu meistern, unter anderem wegen der riesigen Datenmengen. Wir haben es jedoch geschafft und die Jugendlichen sind jetzt echte Experten im 3D-Druck. Wir alle haben in dieser Zeit viel gelernt“, freut sich Susanne Menges vom Stadtarchiv Haiger und Mit-Initiatorin des Schulprojekts.
Fünf Jahre lang arbeiteten Lehrer, Schüler und Stadt Haiger eng zusammen, um die Idee zu realisieren. Das Modell ist nun zum Großteil fertig; es wird nur noch verklebt und in Metalloptik besprüht. Anfang 2020 wurde Susanne Menges auf die 3D-Druck-AG der Johann-Textor-Schule aufmerksam. Im Gespräch mit Stufenleiter Alexander Schüler, der diese AG mit initiiert hatte, kam die Idee eines historischen 3D-Stadtmodells von Haiger auf. Als es die Corona-Beschränkungen zuließen, überlegten Schüler und sein Kollege Steffen Wendland, wie dieses Projekt in Kooperation mit dem Stadtarchiv ungesetzt werden könnte.
Dokumente aus dem Stadtarchiv Haiger bildeten die Grundlage
Die Grundlage bildeten Dokumente aus dem Stadtarchiv, wie beispielsweise der „Meissner-Stich“, Original-Zeichnungen des Obertors aus 1750 und aktuelle Bilder der historischen Gebäude (ev. Stadtkirche, Museum…), die detailliert dargestellt werden sollten. Zusammen mit Schülern der Geschichts-AG von Susanne Menges wurde außerdem ein Lageplan ausgearbeitet. Im zweiten Schritt erstellten die Schüler das 3D-Modell am Computer, sodass es anschließend an den Drucker geschickt werden kann.
Das Stadtmodell besteht aus 25 Platten, wobei der Druck einer Platte drei Tage dauert. In dem Vorgang wird das PLA-Material, ein biologisch abbaubarer Kunststoff aus Maisstärke, geschmolzen und Schicht für Schicht aufgebaut, bis die dreidimensionalen Objekte, in dem Fall die Bauwerke der Stadt Haiger, fertig sind. Die Johann-Textor-Schule hatte zu Beginn nur zwei 3D-Drucker, die für dieses Projekt infrage kamen, so dass der Druck mehrere Monate gedauert hätte. Um den Prozess zu verkürzen, finanzierte die Stadt Haiger der AG zwei weitere 3D-Drucker. Unter der Anleitung der Lehrkräfte Steffen Wendland und Michel Waldschmidt konnten die Teilnehmer das einzigartige Stadtmodell herstellen.
Modell wird im neuen Stadtmuseum zu sehen sein
Das Stadtmodell wird einen Ehrenplatz im neuen Stadtmuseum (ehemals Heimatmuseum) erhalten, das am 18. Mai zum Internationalen Museumstag eröffnet werden soll. Es zeigt das alte Haiger um 1750, was ungefähr den Bereich der Altstadt um die heutige Fußgängerzone vom Ober- bis zum Untertor darstellt. Es ist erstaunlich, wie sehr sich das Stadtbild im Laufe der Zeit verändert hat. Einzelne markante Bauwerke (Stadtkirche, Pfarrhaus, Museum am heutigen Marktplatz), die seit dem großen Stadtbrand von 1723 das Haigerer Stadtbild prägen, sind detailliert ausgearbeitet und dargestellt. So war die Altstadt damals noch von einer Stadtmauer umgeben, von der heute nur noch Reste im Bereich des Steigplatzes vorzufinden sind. Auch der Marktplatz, heute ein beliebter Ort für Märkte und Veranstaltungen, existierte nicht. Dort standen damals mehrere Wohnhäuser. „Dieses Modell macht Stadtgeschichte greifbar und ist eine perfekte Ergänzung für unsere Ausstellung. Es lädt alle Interessierten ein, die Vergangenheit auf eine neue Weise zu entdecken“, freut sich Susanne Menges über das Ergebnis der jahrelangen Arbeit.
Podcast ist online
Susanne Menges hat im Januar 2025 einen eigenen Podcast namens „Gesichter der Geschichte“ ins Leben gerufen, in dem sie Zeitzeugen und Persönlichkeiten interviewt, die Haigers Geschichte miterlebt oder geprägt haben. In Folge zwei, veröffentlicht am 16. Januar, spricht sie mit dem hauptverantwortlichen Lehrer der 3D-Druck-AG Steffen Wendland über die Entstehung des Stadtmodells. Reinhören lohnt sich!
